12. Februar 2018

Ein Symbolbild



(Bildquelle: RP online)

Es gibt Bilder, die, über ihren unmittelbaren Anlaß hinaus, das Potenzial haben, zum Symbol zu werden. Weil sich in ihnen bündelt, was eine Zeit, einen Zeitgeist ausmacht - und was in der Gesellschaft, für deren Zustand sie zum Symbol werden, falsch läuft. Der heutige Rosenmontag in Köln hat ein solches Bild geliefert. Am Rande des Rosenmontagszuges haben die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker und der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, des Kölner LKA-Beamten im Rang eines Polizeikommissars gedacht, der vor zwei Tagen, am Samstag, den 10. Februar, ermordet worden ist, als er am Chlodwigplatz vor eine fahrende Straßenbahn gestoßen wurde. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) hat dazu mitgeteilt: "Der engagierte Kriminalbeamte bekämpfte im Dienst den islamistischen Terrorismus und suchte in seiner Freizeit Ausgleich im Kölner Karneval."

Frau Reker und Herr Laschet haben sich dafür entschieden, das Angedenken an einen ermordeten Vertreter dieser Staatsmacht - dessen Aufgabe die Bekämpfung der größten unmittelbaren Bedrohung des Westens war: das Terrorismus auf islamischer Grundlage - in Clownskostümierung durchzuführen.

Es ist eingewendet worden, daß dergleichen ein Nicht-Rheinländer nicht verstehen könne; daß Kölnern und anderen Berufsnarren die jecke Uniformierung "heilig sei"; daß dergleichen auch auf Beerdigungen getragen würde. Als Nicht-Kölner ist mir dies nicht aus eigener Anschauung überprüfbar; die Suche auf dem Weltnetz liefert dafür keine Anhaltspunkte. Doch scheint es mir, daß es auch für Kölner Verhältnisse durchaus pietätlos sein dürfte, sich bei dergleichen Anlässen in dieser Weise in der Öffentlichkeit zu präsentieren und per Bild den Rest der Welt daran teilhaben zu lassen. Das Mordopfer war nicht im Beruf Karnevalist, sondern Polizist; seine Aufgabe war die Wahrung der Sicherheit der Bürger; mit seinem Diensteid hat er gelobt, sogar sein Leben für die Wahrung dieser Aufgabe einzusetzen. Die Ausrede, die obersten Repräsentanten der Stadt Köln und dieses Bundeslandes hätten womöglich weder Zeit noch Gelegenheit gehabt, sich für diesen Termin angemessen umzuziehen, sollte man nicht gelten lassen: so etwas ist eine Frage der Organisation; es bedarf dafür keiner Viertelstunde; von Leuten von ihrem Stand darf man als Bürger dieses Staats erwarten, daß sie über einen Stab verfügen, der in der Lage ist, dergleichen auch kurzfristig zu organisieren. Und sollte sich ein Minimum an würdevoller Präsentation im Rahmen eines Rosenmontagszuges nicht einrichten lassen, sollten sie über genügend Anstand verfügen, das auf einen anderen Tag zu verlegen.

Es sei denn, man habe hier ein Signal senden wollen. Nicht bewußt: das sei hier nicht unterstellt. Aber man kann sich schon fragen, warum diesem Staat, seinen Repräsentanten, seinen Politikern, jeder Instinkt fürs das Angemessene, für Dezenz, für Rücksichtnahme abhanden gekommen scheint. Für das, was einmal schlichtweg selbstverständlich war. Als wollte man jedermann, klar sichtbar, mitteilen: unseren Spaß, unsere ausgehöhlten Rituale, lassen wir uns nicht stören durch solch lästige und peinliche Zwischenfälle. Oder, ganz platt gesagt: unsere Dekadenz. Wenn der Ministerpräsident dieses Bundeslandes dergleichen für einen angemessenen Auftritt erachtet, dann sollte das zunächst nur als ein weiters Symptom des Verfalls vermerkt werden. Nach dem jecken Motto: Kann man machen. Aber dann muß diese Politik auch hinnehmen, daß dieses Land, bis in alle Ecken der Realpolitik hinein, als Karnevalsveranstaltung wahrgenommen wird.



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Ulrich Elkmann

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